Das Portrait Marie Curies, vergiftete Tauben und Bilder aus einer Werbung für Tirol sind nur einige der Motive, die Monika Lederbauer in ihrer seit 2011 entstehenden Werkserie Sonnenflug künstlerisch umsetzt. Wie in allen ihren seriellen Arbeiten subsumiert das gleiche Format und die selbe Vorgehensweise die Zugehörigkeit zu einer Werkgruppe. In diesem Fall bilden Gegenstände, Fotos oder Bilder ihr berührender Themen den Ausgangspunkt. Mit Fotos, Grafiken, Zeichnungen oder Wortfragmenten, die über- oder nebeneinander geklebt und gesetzt werden, bildet sich ein neues Ganzes, das als ein spontaner Ausdruck ihrer eigenen Person zu diesen Motiven angesehen werden kann. Die Künstlerin glaubt nicht an Zufälle, sondern will vielmehr in ihrem Vorgehen neue Blickpunkte und Kontexte herstellen. Zwei Zitate werden dabei zum Schlüssel ihres Handelns. Zum einen ein gekürzter Ausspruch von Novalis: „Kommen die fremdesten Dinge durch einen Ort, eine Zeit, eine seltsame Ähnlichkeit zusammen, so entstehen wunderliche Einheiten und eigentümliche Verknüpfungen …“ und zum anderen eine Fragestellung von Elias Canetti: „Man weiß nie, was daraus wird, wenn die Dinge verändert werden. Aber weiß man denn, was daraus wird, wenn sie nicht verändert werden?“
In ihrem Oeuvre finden sich immer wieder Hommagen an Frauen, deren Leistungen oft erst von der Nachwelt die gebührende Würdigung erfahren. Das Blatt Sonnenflug 11 setzt sich mit Marie Curie auseinander, die als einzige Frau unter vier Wissenschaftlern die Ehre zu Teil wurde, für zwei verschiedene Kategorien den Nobelpreis erhalten zu haben. Damit erhielt Curie zwar bereits zu Lebzeiten Anerkennung, doch über ihre immense Leistung in der Forschung und deren Tragweite wurde man sich erst später wirklich bewusst. Neben dem aufgeklebten Foto der Wissenschaftlerin findet sich auch die Abbildung der ihr 1911 verliehenen Nobelpreisurkunde für Chemie.
Tagelang recherchierte die Künstlerin über das Leben Marie Curies und in dieser Zeit fegte ein Zyklon über China, wo ihre Tochter gerade auf Reisen war. Die Abbildung des Wirbelsturmes vom Himmel aus faszinierte die Künstlerin und sie fühlte sich an Marie Curies Leben, die gleich einem Zyklon durch die Gesellschaft fegte, erinnert. Neben der immer stärker werdenden Zeichnung durch die Strahlenkrankheit war Curie aufgrund ihrer Weiblichkeit in der Ausübung des Studiums und Berufs behindert und musste lange Zeit die Anfeindungen der Presse erdulden. Trotzdem erreichte sie bemerkenswerte Ergebnisse in der Forschung. Eine Verbindung zwischen der Darstellung des Zyklons und der Wissenschaftlerin bildet das in chinesischen Schriftzeichen eingefügte „strahlend-radioaktiv“.
Als Anerkennung für eine große Frau klebte Lederbauer ein getrocknetes Veilchen auf das Blatt, denn es steht als liebevolles Synonym für feine Damen.
Ihren Sinn für Humor und das Aufzeigen verschiedener Blickwinkel spürt man in dem Blatt Sonnenflug 9. Neben gehäkelten und gezeichneten Tauben zeigen die beigefügten Worte, dass es sich hier um eine Anspielung an Picassos 1949 für den Weltfriedenskongress entworfenes Symbol handelt. Die rote Umrandung einer Taube, ein Totenkopf und die Worte Tabu sowie die Abkürzungen GK und VERG verweisen auf das satirische und schwarzhumorige Lied Georg Kreislers: Tauben vergiften. Damit ruft Lederbauer nicht nur die Erinnerung an dieses Musikstück hervor, sondern stellt auch die Ambivalenz der Gesellschaft mit dem Thema „Tauben“ her.
Die Werkserie Sonnenflug ist noch nicht abgeschlossen und wird noch um das eine oder andere Blatt erweitert.
Abbildungen:
SONNENFLUG 5 – artEfaKt-auGenfüße ML 11 MT … Zeichnung + Collage auf BristolK A3
SONNENFLUG-11 Mme Curie (Hommage) ML14 MT+Collage auf BristolK A3
SONNENFLUG13 M.v.Ebner-Eschenbach – LAOTSE ML16 Hommage MT+Collage auf BristolK A3
(Text: Gabriele Baumgartner)